Initiative für den Erhalt der letzten stadtnahen Elzwiese in Kenzingen - Widerstand gegen die Umwidmung einer ökologisch wertvollen Grünfläche zu einem Reisemobilstellplatz

Der Gemeinderat der Stadt Kenzingen hat im Dezember vergangenen Jahres die Offenlage des Bebauungsplan für einen Wohnmobilstellplatz beschlossen. Der Gemeindeverwaltungsverband hat im Februar 2020 die notwendige Änderung des Flächennutzungsplans dazu auf den Weg gebracht. Wie auch in der vorhergegangenen Entwurfsphase sind in der nun laufenden Offenlegung der Planungen wieder Bedenken von Bürgern der Stadt eingegangen. Nun hat sich ein Kreis von Aktiven gefunden, die die Bürgerschaft der Stadt informieren und dem Verkauf des städtischen Grundstücks an einen Investor verhindern wollen.

Wo soll der geplante Wohnmobilstellplatz entstehen?

Auf einer Fläche von 6.700qm hinter dem Bahnhof, die ökologisch wertvoll ist und heutzutage als Wiese zur landwirtschaftlichen Futtergewinnung dient. Das Gelände grenzt direkt an das Natur- und Landschaftsschutzgebiet „Taubergießen, Elz und Ettenbach“, an das Biotop „Alte Elz südlich und westlich von Kenzingen“ und befindet sich neben einem alten Graben der Kenzinger Wiesenwässerung, der kulturhistorisch diese alte Bewässerungsform dokumentiert. Die Fläche ist Teil eines wichtigen Grünzuges entlang der Elz.

Wie sehen die Planungen konkret aus?

Es sollen hier 56 Stellplätze für LKW-große Wohnmobile, eine Gerätehalle sowie eine Ver- und Entsorgungsstation entstehen. Konzipiert ist die Anlage als Selbstbedienungssystem mit Kassenautomat und Schranke zur kurzen Verweildauer von 1-3 Nächten. Das Angebot richtet sich explizit nicht an Familien mit kleinem Camper oder Wohnwagen. Insgesamt soll die Fläche zu knapp 70% versiegelt und das Areal mit einem Zaun umgeben werden.

Was sind die Hauptkritikpunkte an der heute bekannten Planung?

Kurz gesagt: der Charakter des im Raum stehenden Wohnmobilstellplatzes passt weder zu Kenzingen noch in die Umgebung. Das fängt bei nicht nicht ausreichend vorhandener Begrünung an und hört dabei auf, dass Familien mit dem Angebot ausgegrenzt werden. Anlass und Ziel der Planung, für Besucher von Kenzingen einen attraktiven Platz zu schaffen, wird mit der vorliegenden Planung verfehlt. Einzelhandel, Gastronomie und Dienstleistende vor Ort werden gar nicht erst eingebunden - eine vertane Chance unsere Innenstadt zu stärken!

Wie nehmen sie die Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung am Projekt wahr?

Unsere Bürger werden zwar informiert, indem alle Unterlagen zur Verfügung gestellt werden und wir dürfen sogar schriftlich Stellungnahmen zum Bebauungsplan einreichen. Wir vermissen allerdings die öffentliche Diskussion des Konzeptes, das ein nicht näher bekannter Investor auf einer Allgemeinfläche realisieren will. Eine echte Bürgerbeteiligung ist leider nicht vorhanden.

Was spricht für Sie gegen die Umwandlung der vorgesehenen „Sportstätte“ zu einem Sondergebiet „Wohnmobilstellplatz“?

Die Bevölkerungszahl der Stadt Kenzingen ist in den letzten Jahren stark gestiegen, insbesondere die Anzahl von junge Familien hat in den letzten Jahren stark zugenommen, Tendenz weiter steigend. Für diese Familien braucht es stadtnahe Infrastruktur, die zu Fuß und mit dem Fahrrad sehr gut erreichbar ist. Die stadtnahe Fläche für Sportstätten soll nun ohne Ersatz und ohne Not der Bevölkerung entzogen werden, das ist sicherlich nicht die zukunftsorientierte gesamtstädtische Entwicklung, die wir uns alle wünschen.

Welche Umwelteinflüsse hat das Projekt?

Laut Umweltbericht sind das Auswirkungen auf Flora und Fauna, auf den Boden, auf die Landschaft, auf das Klima, auf den Menschen, und auf Kulturgüter – in Summe gilt der Standort als ökologisch wertvoll. Gemäß Grünordnungsplan ist das Gelände knapp 170.000 Ökopunkte „wert“. Diese werden durch die nun vorgesehene Nutzung fast vollständig vernichtet und müssen durch Kompensationsmaßnahmen vor Ort und insbesondere an 5 anderen Stellen (außerhalb des Plangebietes!) ausgeglichen werden.

Wem nutzt der Stellplatz denn eigentlich?

Sicherlich den durchreisenden Wohnmobilisten, darüber hinaus den vor Ort vertretenen Discountern als deren Einkaufsquelle. Aber nicht unserer Stadt und auch nicht unserer Bevölkerung!

Wurden denn weitere Alternativen für das Areal geprüft?

Kurze Antwort: nein. Weder eine stadtnahe Fläche als Naherholungsgebiet für die Bevölkerung noch eine Wohnbebauung, die die sehr nahe und gute ÖPNV-Anbindung mit Halbstundentakt nach Freiburg nutzen könnte, wurden bisher diskutiert.

Warum passt die heute bekannte Planung nicht?

Weil das Areal für den vorliegenden Nutzungszweck schlichtweg nicht geeignet ist. Selbst wenn alle Maßnahmen umgesetzt werden, um Umweltbelange zu berücksichtigen passt der vorgesehene Nutzungszweck nicht an diese Stelle. Schon gar nicht, wenn mal weiß, dass das betroffene Gebet im Landschaftsrahmenplan Südlicher Oberrhein als Trittstein des Biotopverbunds von feuchten Offenlandlebensräumen ausgewiesen ist! Diese Fläche mit hoher regionaler Bedeutung wollen wir für einen Stellplatz vernichten?

Sollte in Kenzingen denn überhaupt ein Wohnmobilstellplatz entstehen?

Gerne. Üblicherweise finden sich diese Plätze in Gewerbegebieten - auch Kenzingen verfügt über freie Flächen, die dem Investor zur Verfügung gestellt werden könnten. Reizvoller fänden wir als begeisterte Camper allerdings auch die Idee, einen wirklich schönen und nachhaltig gestalteten Platz zu bekommen, der die Auszeichnung „attraktiv“ auch wirklich verdient hätte. Außerdem haben wir in Kenzingen bereits einige Stellpätze in landschaftlich reizvoller Umgebung und sogar mit Gastronomieanbindung. Wenn es mehr sein soll, bitte mit für unsere Stadt passendem Konzept.

Was sind die Forderungen der Initiative?

Wir erwarten eine öffentliche Diskussion und Ausschreibung des Konzeptes, das die Belange von Umwelt und Naturschutz, Stadt und Klima, Naherholung, touristische und Bevölkerungsentwicklung berücksichtigt. Unser aller Grundstück darf dafür nicht verkauft werden. Außerdem geht es um den Erhalt der Elzwiesen, auch als Nahrungsgrundlage für unsere Störche.

Wie geht es nun für die Initiative weiter?

Leider haben uns die Entwicklungen der Corona-Pandemie in unseren Aktivitäten eingeschränkt. Aber wir werden einen Informationsflyer auflegen und eine Unterschriftensammlung zu unseren Forderungen starten.